Liebe
Brüder und Schwestern!
Vorige
Woche habe ich die helle Gestalt des Franz von Assisi vorgestellt, heute möchte
ich über einen anderen Heiligen sprechen, der in derselben Epoche einen
grundlegenden Beitrag zur Erneuerung der Kirche seiner Zeit gegeben hat. Es
handelt sich um den heiligen Dominikus, den Gründer des Predigerordens, der
auch unter dem Namen Dominikanerorden bekannt ist.
Sein
Nachfolger in der Ordensleitung, der selige Jordan von Sachsen, bietet im Text
eines berühmte Gebets ein vollständiges Bild des heiligen Dominikus: „Entflammt
vom Eifer für Gott und von übernatürlicher Glut hast du dich durch deine
grenzenlose Liebe und die Inbrunst des Geistes voll Innigkeit ganz mit dem
Gelübde der ständigen Armut dem apostolischen Gehorsam und der Verkündigung des
Evangeliums geweiht“. Gerade dieses Grundmerkmal des Zeugnisses des heiligen
Dominikus ist es, dass hervorgehoben wird, er sprach immer mit Gott und von
Gott. Im Leben der Heiligen gehen die Liebe zum Herrn und zum Nächsten, die
Suche nach der Herrlichkeit Gottes und des Seelenheils immer zusammen.
der hl. Dominikus in St. Martin |
Nach
seiner Priesterweihe wurde er zum Kanoniker des Kapitels der Kathedrale seiner
Heimatdiözese Osma gewählt. Auch wenn diese Ernennung für ihn Anlass zu einigem
Ansehen in Kirche und Gesellschaft geboten hätte, legte er sie weder als ein
persönliches Privileg noch als den Anfang einer brillanten Karriere in der
Kirche aus, sondern als einen Dienst, der mit Hingabe und Demut zu leisten ist.
Ist die Versuchung der Karriere, der Macht, nicht vielleicht eine Versuchung,
der gegenüber selbst jene nicht gefeit sind, die eine Rolle der Gestaltung und
Regierung in der Kirche spielen?
Der
Bischof von Osma namens Diego, ein wahrer und eifriger Hirte, bemerkte sehr
bald die geistlichen Qualitäten des Dominikus und wollte auf dessen Mitarbeit
zurückgreifen. Gemeinsam begaben sie sich nach Nordeuropa, um diplomatische
Missionen zu erfüllen, die ihnen der König Kastiliens anvertraut hatte. Während
der Reise wurde sich Dominikus der enormen Herausforderungen für die Kirche
seiner Zeit bewusst: Das Vorhandensein von noch nicht evangelisierten Völkern
an den nördlichen Grenzen des europäischen Kontinents sowie die religiöse
Zerrissenheit, die das christliche Leben im Süden Frankreichs schwächte, wo das
Wirken einiger häretischer Gruppen die Wahrheit des Glaubens störte und von ihr
entfernte. Das missionarische Wirken gegenüber jenen, die das Licht des
Evangeliums nicht kennen, und das Werk der Wiederevangelisierung der
christlichen Gemeinden wurden so die apostolischen Ziele, deren Verfolgung sich
Dominikus vornahm. Es war der Papst, zu dem sich Bischof Diego und Dominikus
begaben, um ihn um Rat zu bitten, der letzteren bat, sich der Predigt bei den
Albigensern zu widmen, einer häretischen Gruppe, die eine dualistische
Wirklichkeitsauffassung vertrat, mit zwei gleich mächtigen schöpferischen
Prinzipien des Guten und des Bösen; und diese Gruppe verachtete folglich die
Materie als Ausfluss des Prinzips des Bösen, sie lehnte auch die Ehe ab,
leugnete die Fleischwerdung Christi, die Sakramente, mit denen der Herr uns durch
die Materie berührt, und die Auferstehung des Fleisches.
Die
Albigenser schätzten das arme und strenge Leben, und in diesem Sinn waren sie
auch beispielhaft, und sie kritisierten den Reichtum des Klerus jener Zeit.
Dominikus nahm diesen Auftrag begeistert an und verwirklichte ihn gerade mit
dem Vorbild seines armen und strengen Lebens, mit seiner Predigt des
Evangeliums sowie mit öffentlichen Debatten. Dieser Sendung der Predigt der
Frohen Botschaft widmete er den Rest seines Lebens. Seine geistlichen Kinder
sollten dann auch die anderen Träume des heiligen Dominikus verwirklichen: die
Mission „ad gentes“, bei den Menschen, die Jesus noch nicht kannten, sowie die
Mission bei jenen, die in den Städten lebten, vor allem in den
Universitätsstädten, wo die neuen intellektuellen Tendenzen eine
Herausforderung für den Glauben der Gebildeten darstellten.
Dieser
große Heilige ruft uns in Erinnerung, dass im Herzen der Kirche stets ein
missionarisches Feuer brennen muss, das unaufhörlich dazu drängt, die erste
Verkündigung des Evangeliums und, wo notwendig, eine neue Evangelisierung zu
bringen: Christus nämlich ist das kostbarste Gut, das zu kennen und zu lieben
die Männer und Frauen aller Zeiten und Orte ein Recht haben! Und es ist
tröstlich zu sehen, dass es auch in der Kirche von heute viele gibt – Hirten
und Laiengläubige, Mitglieder alter Orden und neuer kirchlicher Bewegungen –,
die freudvoll ihr Leben für dieses höchste Ideal aufwenden: das Evangelium zu
verkünden und für es Zeugnis abzulegen.
Dominikus
de Guzmán schlossen sich dann weitere Männer an, die von demselben Bestreben
angezogen waren. So entstand mit der ersten Gründung in Toulouse der
Predigerorden. Dominikus nämlich wandte in vollem Gehorsam gegenüber den
Anweisungen der Päpste seiner Zeit, Innozenz III. und Honorius III., die alte
Regel des heiligen Augustinus an, indem er sie den Erfordernissen des
apostolischen Lebens anpasste, die ihn und seine Gefährten dazu brachten, zu
predigen und sich dabei von einem Ort zum anderen zu bewegen, um dann jedoch zu
den eigenen Konventen zurückzukehren, die Orte des Studiums, des Gebets und des
Gemeinschaftslebens waren. In besonderer Weise wollte er zwei Werte in den
Vordergrund treten lassen, die er für den Erfolg der das Evangelium bringenden
Mission für unverzichtbar hielt: das Gemeinschaftsleben in Armut und das
Studium.
Dominikus
und die Predigerbrüder präsentierten sich vor allem als Angehörige eines
Bettelordens, das heißt ohne breit angelegte Landbesitze, die es zu verwalten
gilt. Dieses Element machte sie gegenüber dem Studium und der Wanderpredigt
aufgeschlossener und bildete ein konkretes Zeichen für die Menschen. Die innere
Leitung der Konvente und der dominikanischen Provinzen wurde entsprechend dem
System von Kapiteln strukturiert, die ihre Oberen wählten, welche dann von den
Generaloberen bestätigt wurden; eine Organisation also, die das brüderliche
Leben und die Verantwortung aller Mitglieder der Kommunität anregte und dabei
starke persönliche Überzeugungen forderte. Die Entscheidung für dieses System
entstand gerade aus der Tatsache, dass die Dominikaner als Prediger der
Wahrheit Gottes angesichts dessen, was sie verkündigten, konsequent sein
mussten.
Die
studierte und in der Liebe mit den Brüdern geteilte Wahrheit ist die tiefste
Grundlage der Freude. Der selige Jordan von Sachsen sagte über den heiligen
Dominikus: „Er nahm jeden Menschen im großen Schoß der Liebe auf, und da er
alle liebte, liebten alle ihn. Er hatte es sich persönlich zum Gesetz gemacht,
sich mit den glücklichen Menschen zu freuen und zu weinen mit jenen, die
weinten“ (Libellus de principiis Ordinis Praedicatorum autore Iordano de
Saxonia, Hrsg. H.C. Scheeben, [Monumenta Historica Sancti Patris Nostri
Dominici, Romae, 1935]).
Octauus modus orandi |
Dominikus,
der einen Orden von Predigertheologen gründen wollte, erinnert uns daran, dass
die Theologie eine spirituelle und eine pastorale Dimension besitzt, welche die
Seele und das Leben bereichert. Die Priester, die geweihten Personen und auch
alle Laiengläubigen können eine tiefe „innere Freude“ in der Betrachtung der
Schönheit der Wahrheiten finden, die von Gott kommen, Wahrheiten, die immer
aktuell und immer lebendig sind. Der Wahlspruch der Predigerbrüder –contemplata
aliis tradere – hilft uns dann, im kontemplativen Studium dieser
Wahrheiten einen seelsorglichen Eifer zu finden, der es erfordert den anderen das
Ergebnis der eigenen Betrachtung zu vermitteln.
Hl. Dominikus mit Buch, einem seiner Attribute, in der von Henri Matisse gestaltteten Rosenkranzkapelle der Dominikanerinnen in Vence, |
Liebe Schwestern und Brüder, das Leben des Dominikus de Guzmán möge uns alle anspornen, zutiefst verliebt in Jesus Christus eifrig im Gebet zu sein und mutig den Glauben zu leben. Durch seine Fürsprache bitten wir Gott, die Kirche stets mit echten Predigern des Evangeliums zu bereichern.
Auszüge aus einer Katechese Papst Benedikts XVI vom 3. Februar 2010
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