Im zweiten Teil seines Berichts beschreibt Eugen Antoni die fachkundige und hingebungsvolle Herstellung einer vollständigen Messausstattung mit einfachsten Mitteln durch die Gefangenen in Voves bei Chartres, ehemals ein Stanmmlager der Nazis, dann ein französisches Internierungslager und schließlich ab September 1944 ein amerikanisches Kriegsgefangenenlager.
Ich finde diesen Teil seines Berichts besonders bewegend und nicht zuletzt auch ein Zeichen von erfrischend pragmatischer Ökumene unter besonderen Umständen.... Nur zu gerne hätte ich diese Messausstattung gesehen!
Die allerschönste, wenn auch schwierigste Aufgabe der
Gemeischaftsarbeit war die Schaffung einer dritten Messausstattung für die
katholischen Feldgeistlichen des Lagers.
Sie hätten uns gerne täglich zur gewohnten Morgenstunde in jedem Cage (abgeschlossenem
Lagerteil für 1500 Gefangene) die hl. Messe gefeiert. Aber für sieben Priester
standen nur zwei Messkoffer zur Verfügung. Deshalb regte der ob seiner kernigen
Predigten allseits beliebte Lagerpfarrer die Schaffung einer dritten Garnitur
von Messgerät und Priestergewand an.
Wie würden unsere Frauen staunen, wenn sie
sehen könnten, was unermüdlicher Männerfleiss rein aus dem Nichts
hervorzauberte. Einige Offiziere hatten in ihrem Gepäck Leinenbettücher, weisse
Hemden und Taschentücher bis hierher durchgebracht. Ein tüchtiger Schneider
nähte daraus mit Schere, Faden und Nadel, die ihm Kameraden liehen, ohne
Nähmaschine, ja ohne Fingerhut zwei Altardecken, ein Messgewand mit Stola und
Manipel, eine Albe mit Schultertuch und Zingulum, ein Kelchvelum mit Bursa und
Corporale. Als einzigen Schmuck bekamen Altartücher, Messgewand und Albe breite
rote Streifen aus Bettbarchent, der
vorher als Behelfsrucksack diente.
Mit sorgfältig aus diesem Stoff ausgezogenen
Fäden stickte ein junger Künstler Kelchgarnitur und Stola mit schönem
Kreuzstichmuster. Leider fehlte vorerst noch der Kelch. Weil keiner der
Katholiken dazu fähig war, wurde ein protestantischer Goldschmied gewonnen, der
aus Messingkonservenbüchsen einen kunstvollen Kelch mit Patene und Löffelchen,
zwei Messkännchen und die Altarleuchter schuf. Zum Entgelt für seine Mühe
sammelten die Katholiken eine reiche Tabakspende, denn der ebenso rare wie
begehrte Tabak war im geldlosen Gefangenenlager das übliche Zahlungsmittel. Mit
Tabak wurde auch der Bildhauer beschenkt, der für das Altarkreuz einen
wundervollen Christuskörper aus einem Birnbaumknorren schnitzte, den die Köche
sorgfältig aus ihrem Brennholz ausgelesen hatten. Sie stifteten dazu noch
zahlreiche wachsüberzogene Schachteln, von denen viele fleissige Hände das
Wachs abschabten, das ein alter Wachszieher zu dicken Altarkerzen umgoss. Nun
mussten noch Messbuch, Hostien und Wein beschafft werden. Der vollständige
„Schott“, mit seinem Besitzer in sechs Kriegsjahren durch halb Europa
gewandert, genügte vorerst als bescheidenes Messbuch. Hostien etwas ungewohnter
Art fertigten mit mehr gutem Willen als Fachkenntnis Kameraden der
Lagerbäckerei. Messwein stiftete der gütige französische Ortspfarrer, obwohl es
ihm nur schwer gelang, den eigenen Bedarf zu decken. Wie vor beinahe einem
Menschenalter gelüstete es die jetzt schon etwas ergrauten Messdiener wieder
nach dem Weinüberrest im Messkännchen. Wer mag das auch einem Pfälzer
verdenken, der schon über ein Jahr keinen Tropfen von dieser köstlichen
Gottesgabe zu trinken bekam?
Bis die Messausstattung fertig war, begnügten wir uns mit
unvergesslich stimmungsvollen Maiandachten. In einer stillen Lagerecke traten
bei Sonnenuntergang die Kameraden um den Vorbeter, respondierten nach kurzer
Lesung kräftig zu Litanei oder
Rosenkranz und sangen tiefergriffen das altvertraute „Meerstern ich dich grüße,
O Maria hilf!“ zum funkelnden Sternenhimmel hinauf. Nur noch ein einziges Mal
sahen wir dann noch unsere selbstgeschaffene Altarausstattung wie Gold und
Purpur in der Morgensonne aufleuchten, als der Lagerpfarrer uns den
Abschiedsgottesdienst hielt zu jener Fahrt, die uns angeblich in die Heimat zum
Lager Baumholder bringen sollte. Doch zu unserer bitteren Enttäuschung fuhr der
Transportzug in verkehrter Richtung und entfernte uns noch viel weiter von den
Lieben daheim, denen all unser Sorgen, Sehnen und Beten galt.
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Die in Esthal zurück gelassenen Kinder: Helene, Ruth, Wolfgang und Maria |
Wunderbarer Bericht!
AntwortenLöschenDanke fürs Posten!
Danke! Rest folgt noch in Kürze!
AntwortenLöschenWieso in Kürze? Nicht in voller Länge? ;-)
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