Wegkreuze und Bildstöcke aus der Pfalz und umgebenden Landstrichen, fotografiert von Wilhelm Neu in den Jahren 2006 bis 2011.
Dienstag, 31. Dezember 2013
Dienstag, 24. Dezember 2013
Gesegnetes Weihnachtsfest - ihr Kinderlein, kommet!
Weihnachten ist ja eine Zeit, wo man alte Sachen hervorkramt
und sich erinnert – je älter, je mehr. Diese Gebäckschale aus Holz habe ich vor langer Zeit bemalt für unsere Eltern. Ich kann mich erinnern, als Kind fand ich sie nicht
gut genug. Ich hatte mir das viel viel schöner vorgestellt. Es war so schwer,
mit Pinsel und Wasserfarben zu malen! Ich hatte doch alles so genau vor mir
gesehen – den goldenen Stern, der hätte klare Konturen haben sollen, die
Muttergottes ein liebliches Gesicht, der Esel sollte nicht so winzig sein. Jahr
für Jahr wunderte ich mich, warum Mama und Papa dieses in meinen Augen
“verpfuschte Teil” als Schale für die Plätzchen nahmen.
Als Papa gestorben war, packte meine Schwester Gabriele “das Teil” in einen Karton
und sagte: "Das solltest du mitnehmen, das hast du doch mal gemacht." Heute
endlich erkenne ich, dass es so schön war, wie ich es eben machen konnte, und
damit für die Eltern einmalig schön. Schöner als etwas Gekauftes, schöner als
Abziehbildchen, schöner als etwas Durchgepaustes. Was gibt es Besseres als ein
Geschenk eines Kindes! So habe ich bis heute einen pausbäckigen, leicht
verknitterten Engel aus Styropor und Goldpapier, den meine Tochter mal gebastelt hat.
Auch dieses Jahr hat er einen Platz neben der Krippe. Sein Lächeln ist so
herzerfrischend, wie nur Kinder es malen können!
Ich stelle mir vor, so freut sich der liebe Gott an uns, wenn
wir das Beste machen, was wir können.
Dass es uns immer wieder mal gelingt, das wünsche ich mir und uns
allen.
Frohe und gesegnete Weihnachten!
Sonntag, 8. Dezember 2013
In der Südwestpfalz: Kreuze in Leimen und Merzalben
Der Landkreis Südwestpfalz weist, so klein er ist, zwei sehr gegensätzliche Landschaften auf: im Osten der Pfälzer Wald mit seinen bewaldeten Hügeln, die an manchen Stellen sich von Horizont zu Horizont zu erstrecken scheinen, seinen stillen Tälern und spektakulären Sandsteinformationen; und im Westen der "Westrich", eine Höhenfläche mit offenen von kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben geformten Landschaften. Im äußersten Südwesten des Kreises liegt das 741 vom hl. Pirmin gegründete ehemalige Benediktinerkloster Hornbach, das im Hochmittelalter eines der bedeutendsten Kultur- und Entwicklungszentren des Deutschen Reiches war. Der Heilige ist vermutlich auch der Namenspatron der Stadt Pirmasens.
44. In Leimen auf dem Friedhof. Inschrift: O CRUX AVE SPES UNICA
19. Auch dieses schöne Kreuz steht in Merzalben. Die Inschrift lautet: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Joh. 11, 25
20. Und noch ein Kreuz in Merzalben. Es steht an der Bischof-Emanuel-Straße auf der Treppe, die zu der Kirche Heilig-Kreuz hinaufführt. Bischof Isidor Markus Emanuel war ein Sohn der Gemeinde Merzalben und von 1953 - 1968 Bischof von Speyer.
17. Dieses beeindruckende Kreuz steht in Leimen im Gräfensteiner Land südlich von Johanniskreuz. Leimen gehört trotz seiner abgelegenen Lage zu den ersten urkundlich erwähnten Niederlassungen im Westrich durch eine Urkunde mit der Papst Eugen III den Abt von St Maria zu Waldgassen in seinen Schutz nahm und u.a. Leimen als seinen Besitz bestätigte.
44. In Leimen auf dem Friedhof. Inschrift: O CRUX AVE SPES UNICA
18. Dieses eiserne Kreuz steht an der Ecke Höhstraße/Hauptstraße in Merzalben
19. Auch dieses schöne Kreuz steht in Merzalben. Die Inschrift lautet: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Joh. 11, 25
20. Und noch ein Kreuz in Merzalben. Es steht an der Bischof-Emanuel-Straße auf der Treppe, die zu der Kirche Heilig-Kreuz hinaufführt. Bischof Isidor Markus Emanuel war ein Sohn der Gemeinde Merzalben und von 1953 - 1968 Bischof von Speyer.
Freitag, 6. Dezember 2013
Heiliger Nikolaus, Schutzpatron der Kinder, Seeleute, der Reisenden, Pilger und Gefangenen, bitte für uns
Ikone des Hl. Nikolaus, unbekannter Künstler aus Zentralrußland - von hier |
Ausfahrt
Vom Lande steigt Rauch auf.Die kleine Fischerhütte behalt im Aug,
denn die Sonne wird sinken,
ehe du zehn Meilen zurückgelegt hast.
Das dunkle Wasser, tausendäugig,
schlägt die Wimper von weisser Gischt auf,
um dich anzusehen, gross und lang,
dreissig Tage lang.
Auch wenn das Schiff hart stampft,
und einen unsicheren Schritt tut,
steh ruhig auf Deck.
An den Tischen essen sie jetzt
den geräucherten Fisch;
dann werden die Männer hinknien
und die Netze flicken
aber nachts wird geschlafen,
eine Stunde oder zwei Stunden,
und ihre Hände werden weich sein,
frei von Salz und Öl,
weich wie das Brot des Traumes,
von dem sie brechen.
Die erste Welle der Nacht schlägt ans Ufer,
die zweite erreicht schon dich.
Aber wenn du scharf hinüberschaust,
kannst du den Baum noch sehen,
der trotzig den Arm hebt
- einen hat ihm der Wind schon abgeschlagen
- und du denkst: wie lange noch,
wie lange noch
wird das krumme Holz den Wettern standhalten?
Vom Land ist nichts mehr zu sehen.
Du hättest dich mit einer Hand in die Sandbank krallen
oder mit einer Locke an die Klippen heften sollen.
auf die Rücken der Wellen, sie reiten und schlagen
mit blanken Säbeln die Tage in Stücke, eine rote Spur
bleibt im Wasser, dort legt dich der Schlaf hin,
auf den Rest deiner Stunden,
und dir schwinden die Sinne.
Da ist etwas mit den Tauen geschehen,
man ruft dich, und du bist froh,
dass man dich braucht. Das Beste
ist die Arbeit auf den Schiffen,
die weithin fahren,
das Tauknüpfen, das Wasserschöpfen,
das Wändedichten und das Hüten der Fracht.
Das Beste ist, müde zu sein und am Abend
hinzufallen. Das Beste ist, am Morgen,
mit dem ersten Licht, hell zu werden,
gegen den unverrückbaren Himmel zu stehen,
der ungangbaren Wasser nicht zu achten,
und das Schiff über die Wellen zu heben,
auf das immerwiederkehrende Sonnenufer zu.
(Ingeborg Bachmann)
Sonntag, 1. Dezember 2013
Erwartungsfrohen ersten Advent euch allen!
Komet ISON , 24.11.2013 |
Ich gehe oder liege, so bist du um mich
und siehst all meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
das du, Herr, nicht schon wüsstest.
Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.
Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch
ich kann sie nicht begreifen.
Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?
Führe ich gen Himmel, so bist du da;
bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen
und deine Rechte mich halten.
(aus Psalm 139)
Foto von hier
Labels:
1.Advent,
Komet ISON,
Psalm 139,
Tageserlebnisse
Dienstag, 19. November 2013
Blogparade - ein Lieblingslied aus dem "alten" Gotteslob..
Andrea hat in ihrem Blog eine "Blogparade" eröffnet, zum Thema: "Mein Lieblingslied im alten Gotteslob / Gesangbuch." An Allerseelen hat Severus dafür gesorgt, dass mir ein Lieblingslied aus Kinderzeiten neu bewusst geworden ist:
"Wir sind nur Gast auf Erden" (GL Nr. 656)
Wir sind nur Gast auf Erden, und wandern ohne Ruh,
mit mancherlei Beschwerden, der ewigen Heimat zu.
Die Wege sind verlassen, und oft sind wir allein.
In diesen grauen Gassen will niemand bei uns sein.
Nur einer gibt Geleite, das ist der Herre Christ;
er wandert treu zur Seite, wenn alles uns vergißt.
Gar manche Wege führen aus dieser Welt hinaus.
O daß wir nicht verlieren den Weg zum Vaterhaus.
Und sind wir einmal müde, dann stell ein Licht uns aus.
O Gott, in deiner Güte; dann finden wir nach Haus.
In meiner Kinderzeit war dieses Lied eine Art Einläuten für die Weihnachtszeit, denn ab Allerheiligen begannen die Kerzen zu leuchten. Tannen wurden zu Gestecken verarbeitet und auf den Friedhof gebracht. Da war es geheimnisvoll und ehrfurchtgebietend. In meiner Erinnerung war der "Herre Christ" einfach das Christkind. Da hatten wir so ein altes Kinderbuch, wo das Christkind zu sehen war, wie es hinter zwei Kindern herging und sie beschützte. Der altertümliche Ausdruck "Geleite geben" war mir so wirklich verständlich. Ich habe einfach daran geglaubt! Natürlich hatte ich keine Vorstellung von "mancherlei Beschwerden". Aber ich konnte ja Eltern und Oma fragen. Was genau die mir geantwortet haben, weiß ich nicht mehr. Vielleicht, dass einem kalt ist und die Füße weh tun, wenn man lange Wege durch graue Gassen geht. Das musste ich aber nicht erleben. Ich hatte Familie. Auf dem Friedhof, den ich heute noch gerne besuche, gab es zahme Eichhörnchen, Meisen, die einem auf die Hand flogen, Lichter und Blumen. Und hinter mir ging unsichtbar das Christkind!
Im Fernsehen gibt es zur Zeit eine Themenwoche "Glück". Wenn ich so darüber nachdenke, spüre ich mehr und mehr: DAS war Glück! Familie. Leben und Tod - eine Einheit. Das Christkind und Engel. Keine Angst haben. Der Heiland ist ja da. Lieder. Melodien. Feiertage.
Wunder!
Und dazu jetzt noch'n Gedicht:
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hin halten
(Hilde Domin)
(Bild von hier)
"Wir sind nur Gast auf Erden" (GL Nr. 656)
Wir sind nur Gast auf Erden, und wandern ohne Ruh,
mit mancherlei Beschwerden, der ewigen Heimat zu.
Die Wege sind verlassen, und oft sind wir allein.
In diesen grauen Gassen will niemand bei uns sein.
Nur einer gibt Geleite, das ist der Herre Christ;
er wandert treu zur Seite, wenn alles uns vergißt.
Gar manche Wege führen aus dieser Welt hinaus.
O daß wir nicht verlieren den Weg zum Vaterhaus.
Und sind wir einmal müde, dann stell ein Licht uns aus.
O Gott, in deiner Güte; dann finden wir nach Haus.
In meiner Kinderzeit war dieses Lied eine Art Einläuten für die Weihnachtszeit, denn ab Allerheiligen begannen die Kerzen zu leuchten. Tannen wurden zu Gestecken verarbeitet und auf den Friedhof gebracht. Da war es geheimnisvoll und ehrfurchtgebietend. In meiner Erinnerung war der "Herre Christ" einfach das Christkind. Da hatten wir so ein altes Kinderbuch, wo das Christkind zu sehen war, wie es hinter zwei Kindern herging und sie beschützte. Der altertümliche Ausdruck "Geleite geben" war mir so wirklich verständlich. Ich habe einfach daran geglaubt! Natürlich hatte ich keine Vorstellung von "mancherlei Beschwerden". Aber ich konnte ja Eltern und Oma fragen. Was genau die mir geantwortet haben, weiß ich nicht mehr. Vielleicht, dass einem kalt ist und die Füße weh tun, wenn man lange Wege durch graue Gassen geht. Das musste ich aber nicht erleben. Ich hatte Familie. Auf dem Friedhof, den ich heute noch gerne besuche, gab es zahme Eichhörnchen, Meisen, die einem auf die Hand flogen, Lichter und Blumen. Und hinter mir ging unsichtbar das Christkind!
Im Fernsehen gibt es zur Zeit eine Themenwoche "Glück". Wenn ich so darüber nachdenke, spüre ich mehr und mehr: DAS war Glück! Familie. Leben und Tod - eine Einheit. Das Christkind und Engel. Keine Angst haben. Der Heiland ist ja da. Lieder. Melodien. Feiertage.
Wunder!
Und dazu jetzt noch'n Gedicht:
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hin halten
(Hilde Domin)
(Bild von hier)
Sonntag, 20. Oktober 2013
Back to business as usual: Lothringer Kreuze auch in Lothringen gesichtet
Während im letzten Beitrag zu Album 16 die "Lothringer Kreuze" auf der südwestpfälzischen Seite der deutsch-französischen Grenze vorgestellt wurden, kommen jetzt einige auf der lothringischen Seite zu ihrem Recht.
25. Das erste befindet sich in Walschbronn und ist zwar vom Standort her ein Lothringer Kreuz, aber nicht vom Typus her. Eigentlich ist es "nur" ein Fragment, aber ein besonders beeindruckendes. Walschbronn hat heute nur wenig mehr als 500 Einwohner, war aber im Mittelalter ein bedeutender Badeort. Leider ist nicht näher bezeichnet, wo das Corpusfragment hängt. Möglicherweise an der Dorfkirche?
26. Ein sehr schönes Lothringer Kreuz auf dem Friedhof in Walschbronn
27. Eine etwas einfachere Version neueren Datums, ebenfalls in Walschbronn. Inschrift:
Errichtet zur Ehre Gottes
durch die Eheleute
Oscar RETHER
Lina DURTHALER
28. Dieses liebevoll gepflegte Kreuz steht in Waldhouse, einer Gemeinde mit ca 390 Einwohnern.
29. Ein ganz besonders schönes und reich geschmücktes Exemplar vom Typus Lothringer Kreuz in Bousseviller. Erstaunlicherweise ist darüber nichts Näheres in Erfahrung zu bringen. Der Stamm trägt ganz oben evtl Gottvater und unter dem Korpus evtl. ein Halbrelief des hl. Geistes in Gestalt einer Taube und außerdem die Leidenswerkzeuge. Auf dem Sockel stehen drei weibliche Figuren, von denen die mittlere eine weinende Frau, vermutlich die Gottesmutter darstellt, die wie häufig bei den Lothringer Kreuzen auf einem "Kissen" aus kleinen Wölkchen kniet. Ich nehme an, daran erkennt man die Heiligen. Die beiden anderen kann ich nicht identifizieren. Ganz unten sind zwei weitere Figuren im Halbrelief zu erkennen, möglicherweise die Stifter. Drauf bezieht sich wohl auch die Inschrift, die die Namen Johannes und Barbara nennt
30. Auch dieses Kreuz steht in Waldhouse. Ich bin nicht sicher, ob Sockel und Kreuz zusammengehören.
31a) Ähnliches gilt für dieses Lothringer Kreuz, ebenfalls in Waldhouse. Entweder gehören Sockel und Kreuz nicht zusammen oder einer der beiden Teile ist kürzlich renoviert worden und der andere nicht. Das Gesicht des Heilands scheint beschädigt oder zerstört zu sein.
31b) Dieses schöne Kreuz steht in Hanviller. Leider konnte ich darüber nichts weiter finden. In Lothringen scheint man die Kleindenkmale noch nicht so oft zu dokumentieren, zu fotografieren oder zu erwähnen, wie das diesseits der Grenze der Fall ist.
Labels:
Album 16,
Bousseviller,
Hanviller,
Lothringen,
Lothringer Kreuze,
Waldhouse,
Walschbronn
Donnerstag, 17. Oktober 2013
Engel III oder "Ein Mensch ohne Macke ist Kacke!" oder "Jeder"? - #BAD13
Ich bin spät dran. Heute ist der 16. Oktober und, wie ich zufällig dank Claudia Sperlich erfahren habe, Blog Action Day. Thema: Die Menschenrechte. Unseren kleinen Familien - und Kreuzweg - Blog habe ich dafür registriert, ohne daran zu denken, dass ich an diesem Tag arbeiten darf - wie es einem der Menschenrechte entspricht - und dass es spät wird, bis ich nach Hause komme. Aber noch dauert diese Aktion an. Und ich will einige Menschenrechte kommentieren und besprechen, über die ich in letzter Zeit aus gegebenem Anlass viel nachgedacht habe.
Jetzt muss ich etwas weiter ausholen. Ich arbeite in einer Einrichtung, die das Leben und Arbeiten von Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung fördert. Aber auch als Kinder sind wir alle immer mal wieder mit diesem Thema in Berührung gekommen, denn unsere Tante war eine Nonne vom Orden der "Schwestern vom Armen Kind Jesus". Sie war Sonderschullehrerin in einem Kinderheim, in dem etliche Kinder mit Behinderung aufwuchsen. Einige blieben dort und arbeiteten noch lange Jahre für die Landwirtschaft des Heimes. Weil unser Vater später selbst dort tätig war, noch später auch ich, wuchsen wir hinein in den ganz selbstverständlichen Umgang mit jungen und älteren Menschen, die eben nicht wie "Jeder" waren.
Mir ist aufgefallen, dass "Jeder" ein Wort ist, dass in allen 30 Artikeln der Menschenrechtserklärung vorkommt!
An allen Artikeln könnte man etwas "herumnörgeln", wenn man mit Behinderten arbeitet, denn obwohl es sich um Menschen handelt, treffen diese Formulierungen oft einfach nicht zu.
Ein paar Beispiele aus meinen Erfahrungen:
Ein junges Paar aus meinem beruflichen Umfeld, beide mit geistiger Behinderung, erwartete ein Kind. Sie freuten sich sehr darüber. Die junge Frau wies den Gedanken an eine Abtreibung weit von sich, und wir unterstützten die beiden, so gut wir konnten. Sie wurden in allen Belangen, bis hin zum Beistand bei der Geburt des Babys, gemäß ihren Wünschen begleitet.
An einem Abend im Freundeskreis erzählte ich davon. Dabei war ich mir der Problematik bewusst, aber auch der großen Hoffnung und Freude, die im wahrsten Sinn des Wortes "heranwuchs"!
Kommentar von einem der kopfschüttelnden Bekannten: "Sowas g'hört weg!"
Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
Artikel 16.3
Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.
Kürzlich saß ich mit ein paar Leuten aus meiner, na, nennen wir es mal "erweiterten Familie" beisammen. Sie wohnen in einer paradiesischen Umgebung mit wundervollen alten Gebäuden und betrieben bis vor nicht allzu langer Zeit eine Galerie. In ihren Häusern und Zimmern hängen zahlreiche Gemälde und sonstige Kunstwerke, die sie für sich selbst erworben hatten. Einige davon gefallen mir ganz ausgesprochen gut, andere wieder nicht, aber das ist ja wohl normal. Ich brachte das Gespräch auf die Kunstwerke und die ehemalige Galerie und erzählte von der "Malwerkstatt" unserer Einrichtung. Die begeistert mich immer wieder. Wann immer ich kann, begleite ich einige behinderte Künstler dorthin und male selber ein wenig - ohne dabei "Kunst" zustande zu bringen - beobachte die Leute bei ihrer selbstvergessenen hingebungsvollen Arbeit und freue mich einfach. Fast jede Ausstellung besuche ich und habe mir schon manches Kunstwerk gekauft.
Ja, also ich erzählte davon und bedauerte, dass die Galerie nicht mehr existiert, denn sonst, meinte ich, könnte man ja eine Ausstellung mit den Werken unserer behinderten Künstler dort organisieren. Der ehemalige Galerist schüttelte schon den Kopf, während ich noch redete.
Nein, das kann man nicht, das würde er niemals tun.
Ja, warum denn nicht? das sind wirklich tolle Werke, und der Leiter der Malwerkstatt ist selbst ein Künstler! Der unterrichtet an einer Kunsthochschule und hat ein Atelier und ...
Da gibt es einen ganz einfachen Grund. Kein Künstler, der auf sich hält, würde jemals wieder in einer Galerie ausstellen, die sowas gezeigt hat. Deshalb wird kein ernst zu nehmender Galerist so etwas machen. da verdirbt er sich das Geschäft.
Artikel 27.1
Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
Ein letztes Beispiel:
In unserem kleinen Wohnheim lebt ein Mann mit sogenannter geistiger Behinderung. Ich würde eher sagen, er hat eine Lernschwäche. Er wohnt in einer Wohngemeinschaft der Eingliederungshilfe, ohne Nachtdienst, und er hat keine Pflegestufe. Verwandte von ihm sind seine gesetzlichen Betreuer. Er hat Betreuung in allen Bereichen, also Aufenthalt, Gesundheit, Behördenangelegenheiten, Vermögen, Post.
Er ist gläubiger Christ. Er liebt seine Verwandten. Jeden Tag verabschiedet er sich mit einem "Gott segne Dich" von mir. Er gibt sich Mühe, seine geringen Lese - und Schreib - Fähigkeiten zu erhalten. Täglich geht er zur Arbeit - oder eher nächtlich, er arbeitet in unserer Demeter - Bäckerei. Weil er etwas lernen möchte, besucht er in seiner Freizeit die Neigungsgruppe "rechnen, messen, wiegen" und nimmt an einer Tanz - AG teil. Er hat früher bei den Eltern gelebt, seit er bei uns ist, hat er gelernt, selbständig mit dem Bus und dem Zug zu fahren und sich in den nächstgelegenen Städten zurecht zu finden. Er übt fleißig und voller Stolz, mit dem Giro - Konto umzugehen, das wir ihm eingerichtet haben, und spart Geld um sich seine Wünsche - Reisen, mal einige DVDs oder CDs, Blumen und Pflanzen - erfüllen zu können.
Dieser Mann hat kein Wahlrecht! Ein Antrag seiner Betreuer könnte dafür sorgen, dass er es bekommt. Er ist der Einzige in unserer kleinen Einrichtung in dieser Situation - obwohl es noch mehr Leute mit solch umfassender Betreuung gibt. Bei den letzten Gemeinderatswahlen erst ist das aufgefallen.
Wir dachten damals, es liege ein Missverständnis vor, als er keine Wahlbenachrichtigung bekam, und erklärten ihm, das mache ja nichts, er könne einfach seinen Personalausweis vorlegen. Aber er stand nicht im Wähler - Verzeichnis. Noch immer glaubten wir an irgendeinen Fehler. Also riefen wir seine Verwandten und gesetzlichen Betreuer an. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass sie das nicht möchten und als nicht sinnvoll ansehen. Für unseren Betreuten war die Situation schlimm. Er konnte nicht verstehen warum er nicht wählen darf - und als er verstand, dass seine geliebte Familie es nicht möchte, war es noch ärger für ihn. Wir Betreuer machten uns kundig und erfuhren, dass ein einfacher Antrag, unterschrieben von ihm selbst (er kann eine Unterschrift leisten), ihm die Wahlberechtigung verschaffen könnte. Aber er lehnte unseren Vorschlag und unser Hilfeangebot ab, weil er die Familie nicht verärgern wollte. Sie sind ihm soo lieb und wichtig!!!!
Inzwischen ist er zum Bewohnerbeirat gewählt worden - er, der in unserer Gesellschaft nicht wählen darf. Seine Mitbewohner finden ihn geeignet dafür und trauen ihm zu, für sie zu sprechen. Ich habe seine Betreuer noch einmal angerufen und gebeten, sich das doch noch mal zu überlegen. Sie reagierten freundlich - ablehnend, immerhin wollen sie es sich aber bis zu den nächsten anstehenden Wahlen nochmals überlegen.
Artikel 21
1.Jeder hat das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken.
2.Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern in seinem Lande.
3.Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt; dieser Wille muß durch regelmäßige, unverfälschte, allgemeine und gleiche Wahlen mit geheimer Stimmabgabe oder in einem gleichwertigen freien Wahlverfahren zum Ausdruck kommen.
JEDER?
Die Bilder stammen aus der Ausstellung "Voll Konzentriert" unserer Malwerkstatt.
Labels:
#BAD13,
Behinderung,
Engel3,
Human Rights,
Kunst Wahlen,
Recht auf Leben
Montag, 14. Oktober 2013
Der erste Stein
Das letzte Wochenende verbrachte ich mit Freundinnen aus dem Studium an Main und Tauber. Da bekamen wir einiges an Protz und Prunk kirchlicher und weltlicher Art zu sehen. Kein Wunder, denn außer unsere jahrzehnetalte Freundschaft, die liebliche Landschaft, gutes Essen und guten Wein zu genießen, hatte unsere Reise genau diesen Zweck. Leider spielte das Wetter nicht so recht mit, aber trotzdem haben wir Prunk und Protz weidlich genossen.
Es mag manches zu beanstanden geben an der Entwicklung des Deutschen Ordens nach seinen Anfängen. Die Beanstandungen sind v.a. geistlicher Natur. Die oben gezeigte Treppenspindel vermag ich nicht zu bedauern, auch wenn sie sicher einiges gekostet hat. Hoffentlich, denn der Baumeister hat es verdient. Und wer sonst außer weltlicher oder kirchlicher Macht hätte ihm einen solchen Auftrag und die Gelegenheit geben können, seine Meisterschaft und Kunstfertigkeit zu zeigen und der Nachwelt über Jahrhunderte zu überliefern? All die Touristen, die sich durch das Taubertal und andere Gegenden in Deutschland und anderswo wälzen, hätten kaum etwas zu besichtigen, wenn kirchliche und weltliche Mächte nicht in Kunst und Architektur investiert hätten. Ich finde die Bauwerke in Limburg im Vergleich zu dem, was ich an diesem Wochenende gesehen habe, nicht besonders ansprechend. Der moderne Architekturgeschmack, dem ich in v.a. seiner öffentlichen Form, wie er sich z.B in Berlin geriert, oft nicht allzuviel abgewinnen kann, scheint das anders zu sehen. Seis drum. Ein wohltuende Stimme von säkularer Seite rückte das heute ein wenig zurecht. Wollte Gott, dass etwas Ähnliches auch aus dem Inneren der Kirche käme.
Schloss Weikersheim |
im Schlosspark Weikersheim |
Zwölf-Apostel-Altar in St. Jakobus, Rothenburg ob der Tauber |
Bürgerhaus in Miltenberg |
Hotel zum Riesen, Miltenberg |
Deutschordenschloss Bad Mergentheim |
ganz besonders "protzig": Treppenspindel im Deutschordenschloss |
Labels:
Architektur,
Limburg,
Los Wochos,
Prunk und Protz,
Taubertal
Sonntag, 13. Oktober 2013
Petrus, der erste Bischof
Lügen sei bei Bischöfen gewissermaßen Tradition, sagte heute Abend sinngemäß eine Journalistin während einer Talkshow in der ARD. Bereits der erste in der Reihe der Bischöfe, nämlich Petrus, habe ja Jesus Christus dreimal verleugnet.
Nachdem ich eine Zeit lang darüber nachgedacht habe, finde ich, dass der Vergleich nicht allzu sehr hinkt. Lügen und Verleugnungen können in einer Atmosphäre des Hasses, der Hetze, des "Nach - Tretens" und der Verfolgung natürlich besonders leicht entstehen. Man muss sich mal vorstellen, was für eine Angst Petrus gehabt haben muss. Er hatte den Hass und die Gemeinheit gespürt, die sich gegen Jesus richtete, und gegen alle, die ihm folgten.
Jesus hat ihm trotzdem vergeben und ihn nicht der Verzweiflung überlassen.
( Ich kann Petrus verstehen. Ich hätte ganz gewiss keine Folter ertragen.)
Das Gemälde von Michelangelo zeigt, wie es ihm später erging. Es spiegelt die Grausamkeit, die er ansehen und selber spüren musste und die ihn eine Weile den Mut verlieren ließ. Ja, einige sind "beschäftigt", andere sehen in eine andere Richtung, manche unterhalten sich angeregt, viele wirken interessiert. Die Wenigsten scheinen entsetzt zu sein.
War das eine Zeit!
Labels:
Bischof,
Hetze,
Lüge,
Michelangelo,
Petrus,
Tageserlebnisse,
Verleugnung
Dienstag, 1. Oktober 2013
Engel II
Bei meinem Stöbern über Engel und meiner Suche nach ihnen stieß ich auf die Engel - Bilder von Paul Klee. Sehr angerührt haben mich auch hier die Bilder von Kindern, die das Thema im Kunstunterricht behandelt haben. Interessante Texte und Interpretationen dieser Bilder sind von den Kindern dazu geschrieben worden - kann man alles hier nachlesen.
Um diesen Engel geht es:
Auch das ist einer der Engel mit "müden Mündern", von denen Rilke in seinem Gedicht schreibt (siehe voriger Blogpost). Und doch - wenn man die Texte auf der Website des Kunstunterrichtes mit der Unterstufe vom Polgargym in Wien liest, ist man überrascht und froh, wie viel die Kinder in diesem Bild entdecken.
Eine der Kinderzeichnungen ist diese:
Von den Bildinterpretationen, die - nicht eindeutig zugeordnet neben den Zeichnungen stehen - scheint mir die folgende am Besten zu passen:
"Von diesem Engel ist gerade die Großmutter gestorben, bei der er sein ganzen Leben bis jetzt verbracht hat, denn seine Eltern haben ihn, als er 2 Monate alt war im Stich gelassen. Deswegen war er umso trauriger, dass sie gestorben ist. In diesem Engel gehen Gefühle herum, die man nicht so gerne erleben möchte. In diesem Moment betet er zu unserem Vater, Gott. Er hat seine Arme verschränkt, damit er sich zusammenreißen kann. Sein Lächeln ist nicht, weil er froh ist, dass sie tot ist, sondern weil er weiß, dass sie für ihn immer in seinem herzen weiterleben wird. Seine Flügel sind aufrecht, weil er weiß, sie denkt nur an ihn und sie war und ist immer stolz auf ihn, solange er keine Sünden macht, niemandem etwas antut, nicht tötet und immer betet. Sein Körper ist ebenfalls aufrecht, weil seine Oma ihm das so beigebracht hat. Trotzdem ist er traurig, aber er denkt positiv, seine Oma wird für ihn nie sterben. Julia"
Sehr tief hat mich diese Betrachtung gerade heute berührt. Vor 8 Jahren lag unsere sterbenskranke Mama - und gute liebevolle Oma meiner Tochter - im Krankenhaus. Sie war wegen starker Schmerzen im Rücken und in der Lendengegend eingeliefert worden, mehrere Osteoporose - Brüche hatte man festgestellt und sie musste tagelang streng liegen. Dann wurden eines Nachts ihre Schmerzen entsetzlich und es stellte sich heraus, dass sie einen Herzinfarkt hatte und dass ein vorangegangener Infarkt die eigentliche Ursache für ihre Beschwerden war. Ich erinnere mich - es war ein Samstag. Zunächst hatte der junge behandelnde Arzt gesagt, es müsse eine Katheder - Untersuchung gemacht werden, das könne aber an diesem Tag nicht stattfinden. Wir Töchter fürchteten aber jede Verzögerung, denn der nächste Tag war ja ein Sonntag und darauf folgte der Feiertag, der "Tag der Deutschen Einheit". Letztendlich konnten wir erreichen, dass die Untersuchung doch gemacht und die Notwendigkeit einer Herzklappen - OP festgestellt wurde. Bei aller Angst vor der Operation stimmte unsere Mutter dieser dann zu, weil sie unseren Vater möglichst "nicht alleine lassen" wollte. Und ihre größte Sorge war: "Jetzt hat er keinen schönen Geburtstag!" (Dieser war am dritten Oktober!)
Als sie in dem furchtbaren Schmerz, den so ein Infarkt wohl hervorruft, halb bewusstlos war, hatte sie eine Art Traum, den sie uns erzählte. Sie sah einen Mann in einem Mantel, der schrie und Kommandos gab. Auf seinem Bauch hatte er einen Monitor. Sie wusste, wenn die Knöpfe an diesem Monitor gedrückt werden, "dann ist es vorbei".
Später erklärten wir uns das so: Der Mann im Mantel war der Arzt. Die Kommandos betrafen die Notfall - Maßnahmen, und der Monitor war angeschlossen an all die Kabel, die ihr EKG maßen. Aber als sie uns das erzählte, schien es uns wie eine schreckliche Vision. Und auch wie eine Erinnerung, an ihre Kindheit und an die Erlebnisse im Dritten Reich.
Auch dazu habe ich einen Engel von Paul Klee gefunden.
Ein Mann im Mantel, nicht mit einem müden, sondern einem schrecklichen Mund, mit starrendem Blick. Mit befehlshaberischer Haltung. Etwas Seltsames, Eckiges in der Brust. So sehe ich ihn - wie Mamas Alptraum, an den sie sich nach ihrer Operation glücklicherweise nicht mehr erinnert hat.
Zum Angelus Novus gibt es eine Beschreibung von Walter Benjamin, Dieser Philosoph und Literaturkritiker hat in einem Text "über den Begriff der Geschichte" Folgendes dazu geschrieben:
„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“
"Das, was wir den Fortschritt nennen, das ist dieser Sturm" ....
Da habe ich, haben wir noch viel Stoff zum Nachdenken. Danke, liebe Eltern! Ihr sorgt weiterhin dafür. Wie die kleine Julia schon sagt!
Um diesen Engel geht es:
Vergesslicher Engel, 1939 |
Eine der Kinderzeichnungen ist diese:
"Von diesem Engel ist gerade die Großmutter gestorben, bei der er sein ganzen Leben bis jetzt verbracht hat, denn seine Eltern haben ihn, als er 2 Monate alt war im Stich gelassen. Deswegen war er umso trauriger, dass sie gestorben ist. In diesem Engel gehen Gefühle herum, die man nicht so gerne erleben möchte. In diesem Moment betet er zu unserem Vater, Gott. Er hat seine Arme verschränkt, damit er sich zusammenreißen kann. Sein Lächeln ist nicht, weil er froh ist, dass sie tot ist, sondern weil er weiß, dass sie für ihn immer in seinem herzen weiterleben wird. Seine Flügel sind aufrecht, weil er weiß, sie denkt nur an ihn und sie war und ist immer stolz auf ihn, solange er keine Sünden macht, niemandem etwas antut, nicht tötet und immer betet. Sein Körper ist ebenfalls aufrecht, weil seine Oma ihm das so beigebracht hat. Trotzdem ist er traurig, aber er denkt positiv, seine Oma wird für ihn nie sterben. Julia"
Sehr tief hat mich diese Betrachtung gerade heute berührt. Vor 8 Jahren lag unsere sterbenskranke Mama - und gute liebevolle Oma meiner Tochter - im Krankenhaus. Sie war wegen starker Schmerzen im Rücken und in der Lendengegend eingeliefert worden, mehrere Osteoporose - Brüche hatte man festgestellt und sie musste tagelang streng liegen. Dann wurden eines Nachts ihre Schmerzen entsetzlich und es stellte sich heraus, dass sie einen Herzinfarkt hatte und dass ein vorangegangener Infarkt die eigentliche Ursache für ihre Beschwerden war. Ich erinnere mich - es war ein Samstag. Zunächst hatte der junge behandelnde Arzt gesagt, es müsse eine Katheder - Untersuchung gemacht werden, das könne aber an diesem Tag nicht stattfinden. Wir Töchter fürchteten aber jede Verzögerung, denn der nächste Tag war ja ein Sonntag und darauf folgte der Feiertag, der "Tag der Deutschen Einheit". Letztendlich konnten wir erreichen, dass die Untersuchung doch gemacht und die Notwendigkeit einer Herzklappen - OP festgestellt wurde. Bei aller Angst vor der Operation stimmte unsere Mutter dieser dann zu, weil sie unseren Vater möglichst "nicht alleine lassen" wollte. Und ihre größte Sorge war: "Jetzt hat er keinen schönen Geburtstag!" (Dieser war am dritten Oktober!)
Als sie in dem furchtbaren Schmerz, den so ein Infarkt wohl hervorruft, halb bewusstlos war, hatte sie eine Art Traum, den sie uns erzählte. Sie sah einen Mann in einem Mantel, der schrie und Kommandos gab. Auf seinem Bauch hatte er einen Monitor. Sie wusste, wenn die Knöpfe an diesem Monitor gedrückt werden, "dann ist es vorbei".
Später erklärten wir uns das so: Der Mann im Mantel war der Arzt. Die Kommandos betrafen die Notfall - Maßnahmen, und der Monitor war angeschlossen an all die Kabel, die ihr EKG maßen. Aber als sie uns das erzählte, schien es uns wie eine schreckliche Vision. Und auch wie eine Erinnerung, an ihre Kindheit und an die Erlebnisse im Dritten Reich.
Auch dazu habe ich einen Engel von Paul Klee gefunden.
Angelus Novus, 1920 |
Zum Angelus Novus gibt es eine Beschreibung von Walter Benjamin, Dieser Philosoph und Literaturkritiker hat in einem Text "über den Begriff der Geschichte" Folgendes dazu geschrieben:
„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“
"Das, was wir den Fortschritt nennen, das ist dieser Sturm" ....
Da habe ich, haben wir noch viel Stoff zum Nachdenken. Danke, liebe Eltern! Ihr sorgt weiterhin dafür. Wie die kleine Julia schon sagt!
Labels:
Angelus Novus,
Eltern,
Engel,
Kinderzeichnungen,
Paul Klee,
Tageserlebnisse,
Walter Benjamin
Sonntag, 29. September 2013
Engel
Heute habe ich, da auch der Namenstag von Gabriele ist, ganz viel über Engel gelesen und jede Menge Bilder angeschaut.
Sie haben alle müde Münde
und helle Seelen ohne Saum.
Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)
geht ihnen manchmal durch den Traum.
Fast gleichen sie einander alle;
in Gottes Gärten schweigen sie,
wie viele, viele Intervalle
in seiner Macht und Melodie.
Nur wenn sie ihre Flügel breiten,
sind sie die Wecker eines Winds:
als ginge Gott mit seinen weiten
Bildhauerhänden durch die Seiten
im dunklen Buch des Anbeginns.
Rainer Maria Rilke
Ja, stimmt eigentlich, das mit den "müden Münden". Bestimmt sollen sie aber nicht müde wirken, sondern entrückt - beseligt - frei von Angst, Furcht oder Wut - voll des himmlischen Friedens ...
Zwei habe ich aber gefunden, die so richtig strahlen und fröhlich lächeln:
Das sind auch Bilder aus St.Stephan in Mainz, aber da haben Kinder die Werke von Marc Chagall nachgezeichnet. Wunderschön, oder? Gar nicht müde, die Münder - eher gucken sie etwas verschmitzt. Die würde ich mir an meinem Bette wünschen, und am Bett aller kleinen und großen Leute!
Abendgebet
Abends wenn ich schlafen geh,
Vierzehn Engel bei mir stehn,
Zwei zu meiner Rechten,
Zwei zu meiner Linken,
Zwei zu meinen Häupten,
Zwei zu meinen Füssen,
Zwei die mich decken,
Zwei die mich wecken,
Zwei die mich weisen,
In das himmlische Paradeisen.
(Achim von Arnim)
Chagall - Fenster in St. Stephan in Mainz |
Sie haben alle müde Münde
und helle Seelen ohne Saum.
Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)
geht ihnen manchmal durch den Traum.
Fast gleichen sie einander alle;
in Gottes Gärten schweigen sie,
wie viele, viele Intervalle
in seiner Macht und Melodie.
Nur wenn sie ihre Flügel breiten,
sind sie die Wecker eines Winds:
als ginge Gott mit seinen weiten
Bildhauerhänden durch die Seiten
im dunklen Buch des Anbeginns.
Rainer Maria Rilke
Ja, stimmt eigentlich, das mit den "müden Münden". Bestimmt sollen sie aber nicht müde wirken, sondern entrückt - beseligt - frei von Angst, Furcht oder Wut - voll des himmlischen Friedens ...
Zwei habe ich aber gefunden, die so richtig strahlen und fröhlich lächeln:
Das sind auch Bilder aus St.Stephan in Mainz, aber da haben Kinder die Werke von Marc Chagall nachgezeichnet. Wunderschön, oder? Gar nicht müde, die Münder - eher gucken sie etwas verschmitzt. Die würde ich mir an meinem Bette wünschen, und am Bett aller kleinen und großen Leute!
Abendgebet
Abends wenn ich schlafen geh,
Vierzehn Engel bei mir stehn,
Zwei zu meiner Rechten,
Zwei zu meiner Linken,
Zwei zu meinen Häupten,
Zwei zu meinen Füssen,
Zwei die mich decken,
Zwei die mich wecken,
Zwei die mich weisen,
In das himmlische Paradeisen.
(Achim von Arnim)
Labels:
Chagall,
Dom,
Engel,
Gebet Kinderzeichnungen,
Gedichte,
Mainz,
Namenstag,
St. Stephan,
Tageserlebnisse
Samstag, 21. September 2013
In der Südwestpfalz: Lothringer Kreuze in Eppenbrunn, Schweix, Trulben, Hilst
11. Selbst vor der nichtssagendsten Fassade ist Platz für ein schönes Kreuz. Oder wars umgekehrt? Gut, dass das alte Kreuz von 1747 in Eppenbrunn nicht der Neubebauung weichen musste.
Ich vermute, es befindet sich in der Talstraße und wäre dann das älteste von acht Lothringer Kreuzen, die es in und um Eppenbrunn gibt. Hier findet man folgenden Eintrag:
Lothringer Kreuze
um Eppenbrunn, Kröppen und Trulben
Die Lothringer Kreuze haben ihren Ursprung im Bitscher Land und sind eine in Stein gehauene Allerheiligenlitanei. Es befinden sich insgesamt acht solcher Kreuze in Eppenbrunn, Kröppen und Trulben. Das älteste befindet sich in Eppenbrunn in der Talstraße und ist aus dem Jahr 1747. Auf dem Lothringer Kreuz in Trulben ist z. B. eine sehr schöne Darstellung der Hubertus-Legende in Sandstein zu sehen.
12. Vermutlich gehören auch dieses und die nächsten beiden Kreuz in Schweix ebenso wie etliche andere Kreuze in diesem Eintrag zum Typus der Lothringer Kreuze. In Schweix sind insgesamt vier verzeichnet, drei davon in der Ringstraße. Ursprünglich waren diese Kreuze, die ab dem 18. Jahrhundert entstanden sind, farbig gefasst. Meist sind Kreuz und Korpus aus einem einzigen Stein und die anderen Figuren im Halbrelief gearbeitet. Leider ging die bunte Bemalung in vielen Fällen mit der Zeit verloren und wurde, dem gegenwärtigen Zeitgeschmack entsprechend, auch bei Restaurationen bedauerlicherweise nicht wieder hergestellt.
13. Dieses Kreuz trägt eine Inschrift, von der auf dem Foto nur "Crux" und vielleicht "Spes" zu erkennen ist. Vielleicht handelt es sich um die häufige Kreuzinschrift "Ave crux spes unica".
14. Dieses Kreuz ist mit der Jahreszahl 1821 bezeichnet, es ist also wahrscheinlich das bei der Friedhofstr. 11. Es trägt außerdem die Inschrift: Errichtet durch Franz Kölfer oder Köster (?). Eine der Figuren im Schaft trägt ein Kreuz über der Schulter; die andere stellt eine weinende Frau dar.
15. Dieses Kreuz steht ebenfalls in Schweix und hat wohl schon bessere Zeiten gesehen. Vielleicht ist es das vierte Lothringer Kreuz in Schweix und hat seine Relieffiguren verloren. Zwei verwitterte Puttenköpfe sind noch zu sehen.
16. Auch Hilst hat ein schönes Lothringer Kreuz aufzuweisen
21. Sieht so aus, als sei das der Rest eines Kreuzes bzw der Sockel oder Schaft mit den Heiligenfiguren, von dem das Kreuz entfernt oder zerstört wurde. Unter der oberen Figur, die wohl die Muttergottes darstellt steht U.M.V.L. Was kann das bedeuten? Die untere Figur ist mit Hl. Joseph bezeichnet. Die Inschrift ganz unten lautet: Errichtet aus Dankbarkeit von der Familie Petr. Gerlach. Her mein Jesus. Barmherzigkeit
22. Ein weiteres Lothringer Kreuz in Trulben. Die Inschrift ist auf dem Foto leider nicht lesbar.
23. Vermutlich der Rest eines Lothringer Kreuzes, ebenfalls in Trulben mit zwei schönen Heiligenfiguren mit Strahlenkranz. Die Heiligen auf den Schäften dieser Kreuze scheinen oft auf Wolkenkissen zu stehen.
Die Inschrift ist auf dem Foto leider nicht lesbar.
Labels:
Album 16,
eppenbrunn,
Hilst,
Lothringer Kreuze,
Schweix,
Trulben
Abonnieren
Posts (Atom)