Der nationalsozialistische Rektor der Esthaler Volksschule sah seine Rolle in dieser Mission darin, die richtige Form des Schulgebets durchzusetzen, die verlangte, dass der "Deutsche Gruß" Vorrang vor dem Gebet hatte. Offenbar stieß er in diesem Ansinnen auf Widerstand beim Pfarrer und einigen Lehrern. Leider liegen uns aus dem Nachlass unseres Großvaters nur die Schreiben, Anweisungen und Überzeugungsversuche des Schulleiters und nicht die Antworten der Adressaten vor.
1. Brief an den Pfarrer**:
Esthal,
den 18.8.37
Sehr geehrter
Herr Pfarrer!
Meine
Pflicht ist es und vor allem auch mein Wunsch, ein Verhältnis des Vertrauens
unter den Lehrkräften zu schaffen, oder doch anzustreben.
Dies gilt
auch für das Verhältnis Zwischen Ihnen, dem Ortspfarrer und mir. Mag es auch
scheinen, als ob dem Schwierigkeiten entgegen stünden, so trifft es doch nicht
zu. Denn, ist auch die Schaurichtng verschieden und anders geartet, so hindert
das nicht, dass wir gerade und offen einander gegenüberstehen.
Ich
verstehe es und anerkenne es, und würdige es, wenn Sie Ihr Handeln und Ihre
Amtsführung nach den Weisungen ihres Bischofs ausrichten.
So darf ich
auch umgekehrt Ihr Verstehen erwarten, wenn ich dem Staat, der Partei
und dem Führer restlosen und bedingungslosen Gehorsam zu geben bereit bin. Ja,
dass ich diesen Gehorsam nicht nur pflichtmässig, sondern mit innerer
Bereitschaft gern und freudig gebe.
Am besten,
wir sind gerade heraus. Die Gemeinschaftsschule kann dem Deutschen Volke nur
Segen bringen. Also werde ich sie entschlossen gutheissen. Warum aber deswegen
einander feind sein?
Die
Heerschau, wie sie unter dem Namen Wallfahrt in Speyer vorgesehen, beabsichtigt
und vorbereitet war, wird der Volksgemeinschaft Schaden bringen und die Gefahr
schwerster Trennung heraufbeschwören, also werde ich sie entschlossen ablehnen, umbekümmert um
irgendwelche Rücksicht***. Warum aber deswegen einander gram sein?
Wenn z.B.
„der Pilger“**** fest seine Fensterläden schliesst, damit ja kein Strahl des
Lichtes unserer neuen Zeit hereindringt, dann werde ich denk- und folgerichtig
von ihm abrücken müssen, möge er mir früher nochso lange Freund gewesen sein.
Warum aber deswegen . einander übel wollen?
Wir haben
den festen Glauben, dass wir für ein hohes und grosses Ziel kämpfen. Sollte diesem Wollen die
Ehrlichkeit abzusprechen sein und ihm die Achtung versagt werden können?
Uns ist das
Volk und sein Wohl Richtung und unverrückbares Ziel. Dabei haben wir die
felsensichere Gewissheit, dass wir auch vor dem Schöpfer gut und recht handeln.
Wenn Jedes
den andern zu verstehen sich bemüht, dann wird das Ziel, das ich eingangs
erwähnte und dessentwegen ich das Schreiben an Sie richte, wohl erreichbar
sein.
Jedenfalls
lag mir viel daran, die Bemühung meinerseits nicht zu versäumen.
Mit
Deutschem Gruß
* Quelle: Die Pfalz unter dem Hakenkreuz. Gerhard Nestler und Hannes Ziegler (Hrsg.) Pfälzische Verlagsanstalt1993
** Hervorhebungen und Fehler im Original
*** Diese Andeutung bezieht sich vermutlich darauf, dass am 15. 8. 1937 das Goldene Priesterjubiläum und der 20. Jahrestag der Bischofsweihe von Bischof Dr. Ludwig Sebastian in Speyer mit einer großen Wallfahrt begangen werden sollte. Jedoch ließ die NSDAP an diesem Tag mehr als 40 000 SA-Männer in Speyer aufmarschieren, um dieses Fest zu verhindern. Bischof Sebastian feierte derweil im Stillen im Stift Neuburg bei Heidelberg.
**** Die Kirchenzeitung des Bistums Speyer
*** Diese Andeutung bezieht sich vermutlich darauf, dass am 15. 8. 1937 das Goldene Priesterjubiläum und der 20. Jahrestag der Bischofsweihe von Bischof Dr. Ludwig Sebastian in Speyer mit einer großen Wallfahrt begangen werden sollte. Jedoch ließ die NSDAP an diesem Tag mehr als 40 000 SA-Männer in Speyer aufmarschieren, um dieses Fest zu verhindern. Bischof Sebastian feierte derweil im Stillen im Stift Neuburg bei Heidelberg.
**** Die Kirchenzeitung des Bistums Speyer
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