Sonntag, 6. Mai 2012

Ein Pfälzer Lehrer


Unser Großvater Eugen Adam Antoni wurde am 17. September 1897 als drittes  von fünf Geschwistern geboren. Sein Vater Jakob Eugen Antoni war Lehrer in Dahn und Wegbereiter und Gründungsmitglied des „katholischen Lehrervereins der Pfalz“. Er war außerdem Lehrer und Firmpate des Kapuzinerpaters Ingbert Naab, der sich schon früh vehement gegen das nationalsozialistische Gedankengut einsetzte und 1935 im Straßburger Exil starb. Wegen seiner Verdienste um die moderne Pädagogik verlieh die Stadt Dahn Jakob Eugen Antoni die Ehrenbürgerrechte. 


Jakob Eugen Antoni (1864 -1936) 




















 Sein Sohn Eugen besuchte die katholische Lehrerbildungsanstalt Speyer und wurde ebenfalls Lehrer.
Als solcher wirkte Eugen Antoni zunächst in Dahn, dann in Gerbach,  Böbingen und Hochspeyer. Während der Gerbacher Zeit heiratete er am 24. Dezember 1923 die Lehrerin Philippine Kirchner.


Philippine und Eugen Antoni

Das Ehepaar hatte vier Kinder : Maria Ruth (* 1924), Maria Helena (1926 – 2005, unsere Mutter), Wolfgang Ludwig (1930 – 1980) und Anna Maria (* 1934). 

Das Ehepaar Antoni mit Ruth und Helene
etwa 1928 oder 1929

Eugen Antoni war engagiertes Mitglied der Zentrumspartei, für die er in zahlreichen öffentlichen Auftritten und Reden vor und nach der Machtergreifung  gegen die NSDAP agitierte. In Hochspeyer war er Mitglied der sogenannten Pfalzwacht, einer 1930 gegründeten katholischen Selbstschutzorganisation, die Veranstaltungen des  Zentrums und der Bayerischen Volkspartei (BVP), der katholischen Vereine und der Kirche gegen Störungen radikaler politischer Gegner schützen sollte



Eugen Antoni mit seinen drei älteren Kindern in noch glücklichen Tagen (1932)


Wegen seiner politischen  Aktivitäten wurde der Familienvater am 16. März 1933 vom Dienst suspendiert, wurde jedoch 1934 nach einem einjährigen Disziplinarprozess, bei dem er durch den antifaschistisch eingestellten damaligen Bischof von Speyer Ludwig Sebastian Unterstützung fand, wieder in den Schuldienst eingesetzt. Allerdings erhielt er einen Disziplinarverweis und wurde nach Esthal in ein Dorf im Pfälzer Wald strafversetzt, das damals als sehr abgelegen galt. Noch heute muss, wer nach Esthal hineinfährt, auf derselben Straße auch wieder hinausfahren.  Dort blieb er mit seiner Familie insgesamt 12 Jahre, unterbrochen von vier Jahren Wehrdienst und acht Monaten Gefangenschaft. Auch in Esthal stand er unter ständiger Beobachtung von Seiten der Gemeinde- und Schulleitung.  Er und die ganze Familie wurden drangsaliert, u.a. weil nicht nur er, sondern auch seine Frau notorisch den „deutschen Gruß“ verweigerten.  Die Esthaler Bevölkerung dagegen war – nicht als einziges Pfälzer Dorf - überwiegend antifaschistisch eingestellt und unterstützte den in der Pfalz wegen seiner politischen Aktivitäten bekannten Lehrer. 


Nach dem Krieg wurde ihm die Leitung der Esthaler Schule übertragen. Dennoch musste er sich einem Entnazifizierungsverfahren unterziehen und wurde von der „Zentralen Säuberungskomission“ nach 12 Jahren ohne Beförderung zur Zurückversetzung um eine Gehaltsstufe verurteilt. Das empfand er als eine öffentliche Abstempelung zum Nationalsozialisten, was ihn mit äußerster Erbitterung erfüllte. Er legte gegen dieses Urteil Beschwerde ein. Seine Briefe in dieser Angelegenheit und die Dokumente, die er zu seiner Verteidigung zusammentrug, sind erhalten geblieben. In den nächsten Wochen wollen wir einige davon hier vorlegen. Sie beleuchten eindrücklich einige Facetten der Situation nichtkonformer Katholiken im sogenannten Dritten Reich und belegen, dass längst nicht jeder zum Mitläufer oder gar Mittäter des Regimes geworden ist.


Eugen Antoni nach dem Krieg bei einer Rede


Seine Beschwerde wurde schließlich angenommen. 1946 wurde er Rektor der Katholischen Volksschule in Landstuhl, wo er gleichzeitig als Leiter der Berufsschule fungierte. Im Mai 1950 wurde er zum Schulrat ernannt. Er war Gründungsmitglied der CDU im Landkreis Kaiserslautern  und engagierte sich neben seiner Tätigkeit als Pädagoge wie vor dem Krieg vielfältig in der Politik u.a. als Stadtrat und Mitglied des Kreistages.

Er starb am 23. April 1953 mit nur 55 Jahren an Lungenkrebs. Von seinen Kindern leben heute noch die älteste und die jüngste Tochter Ruth und Maria. Leider hatte keines seiner acht Enkelkinder die Ehre, diesen aufrechten Mann kennenzulernen.



3 Kommentare:

  1. Sehr interessant!
    Ich finde, dass sind sehr wertvolle Zeitdokumente.
    Schön dass Ihr es veröffentlicht!

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  2. Danke Dir! Es ist schön zu sehen dass jemand es liest und interessant findet.

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  3. Ich war vor kurzem wandern in Dahn und habe mich gerade ein wenig in die Geschichte des Ortes eingelesen. Ich finde den Text hier sehr spannend! Vielen Dank fürs Dokumentieren!!
    Ich hätte eine Frage, vielleicht können Sie mir da helfen: In der Schillerstraße (müsste Nummer 21 gewesen sein) ist ein relativ großes Anwesen. Es sieht aus als wäre es mal eine Art katholisches Internat oder etwas in die Richtung gewesen. Vielleicht ist es auch einfach nur schon immer ein Privatgebäude gewesen, aber falls nicht würde es mich sehr interessieren, was die Geschichte hinter diesem Gebäude ist. Falls mir da jemand weiterhelfen kann, wäre ich sehr dankbar! :)) LG

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